Letzten Sonntag wurden nach zuletzt 2019 die Weltmeisterschaften in der Duathlon Langdistanz für Elite – und Altersklassenathleten in Zofingen ausgetragen. Die Streckenlängen sind allgemein mit 10 km Laufen, 150 km Radfahren und abschließend 30 km Laufen angegeben. Allerdings wurde in diesem Jahr, sicherlich aufgrund der geänderten Covid 19 Anforderungen, eine Anpassung der Laufrunden vorgenommen. Somit sind 9,2 (2 Rd. À 4,6 km), 144 (3 Rd. À 48 km) und 25,5 (3 Rd. À 8,5 km) zu absolvieren gewesen. Während die Höhenmeter für den ersten Lauf bestehend aus 2 Runden und den 3 Radrunden mit ca. 250 sowie nahezu 2000 im Vergleich zu 2019 gleich geblieben waren, hatte sich der Veranstalter überlegt, die 3 Schlussrunden mit zusätzlichen Anstiegen auf Waldwegen zu krönen.
Bereits 2019 fanden die Rennen unter schwierigen Bedingungen bei kühlen 12 C und vielen regenreichen Abschnitten statt. Da das Tragen der jeweils landesspezifischen Anzüge Pflicht ist, erübrigt sich die Kleidungsauswahl bis ggf. auf eine Regenjacke, Arm- bzw. Beinlinge und Handschuhe.
Da ich für die abgesagte Veranstaltung 2020 bereits gemeldet war, galt meine Meldung auch für dieses Jahr. Somit ging es dann am Freitag von Buxtehude aus gen Süden. Wie immer bei solchen langen Veranstaltungen wird Tage zuvor auf die Wettervorhersage geschaut. Gerade für den Sonntag sah es alles Andere als positiv aus, Verhältnisse ähnlich denen in 2019. Aber, es sollte noch schlimmer kommen.
Am Samstag wurden bei strahlendem Sonnenschein die Formalitäten geklärt und die Startunterlagen abgeholt. Vorab waren neben einem aktuellen Antigentest und Angaben bzgl. eines Impfnachweises etc. relevante Daten über eine ITU Web Plattform hochzuladen, um die begehrte Startnummer in Empfang nehmen zu dürfen.
Dann kam unweigerlich der Sonntag morgen auf mich zu. Die Vorhersage machte zumindest Mut, dass Lauf 1 noch im Trockenen stattfinden könnte und dann erst leichter Regen einsetzen würde. Eine Regenjacke war für die Radfahrt zugelassen. Da dieses Szenario zu erwarten war, entschied ich mich nach meinen Erfahrungen der letzten Teilnahme zusätzlich für Gummihandschuhe. Dieses kleine Detail hat mich dann letztendlich gerettet.
Weshalb? 2019 war ich auf der letzten Hälfte der dritten Radrunde unterkühlt, so dass ich es gerade soeben noch in die Wechselzone geschafft hatte. Dort verbrachte ich dann viele Minuten, denn ich konnte weder meinen Helm öffnen noch meine Schuhe wechseln. Meine Hände waren wie gefroren. Ein Offizieller half mir dann schließlich mit dem Öffnen des Helmes. Dieses Jahr sollte sich dieses Elend nicht nochmals wiederholen.
Sonntag morgen funktionierte mein Ablauf mit dem Aufstehen ab 5:45 Uhr, so dass die kurze Anfahrt nach Zofingen diesen schweren Tag einleitete. Allerdings öffneten sich die Schleusen bereits beim Bike Check-in. In einer Plastiktüte deponierte ich meine Regenjacke in der bereit gestellten Box. Übrigens hatte ich mich für mein Zeitfahrrad mit Scheibenbremsen entschieden. Bei der anspruchsvollen Runde stellt sich schon die Frage, ob Rennrad mit Auflieger oder Zeitfahrrad.
Für eine Runde bei der Kurzdistanz wäre die Option Rennrad eine Wahl, aber bei drei Runden ist Letzteres vorzuziehen.
Das Aufwärmprogramm erfolgte im strömenden Regen bei 12 C, wobei doch etliche Teilnehmer eher darauf verzichteten und sich unterstellten. Wer es nicht kennt, jede der ersten zwei Laufrunden beginnt mit einem ca. 1 km langen Anstieg bei einer Durchschnittssteigung von ca. 10%. Anfänglich noch flacher wird dieser Anstieg oben heraus hinter einer Kurve steiler. Dieses gilt insbesondere auch für die starken Gefälle auf teilweise losem Untergrund. Deshalb ist eine vorgewärmte Beinmuskulatur wichtig.
Während die Elite Damen, Altersklassen Damen und Altersklassen Herren ab 65+ bereits ab 8 Uhr ins Rennen gingen, stand ich mit den Anderen um 9 Uhr im Startblock. Gleich nach der Elite ging es dann immer in Vierer Grüppchen auf die lange Reise. Ich startete gleichzeitig mit dem Weltmeister meiner Altersklasse AK 60 aus 2019. Ein moderates Anlaufen bergan in der ersten Runde lässt hinreichend Kräfte für den zweiten Aufstieg. Erste Ausfälle mit Krämpfen konnten auch in diesem Jahr wieder beobachtet werden. Aus der Traum bevor dieser wirklich angefangen hat.
Zum ersten Wechsel hin konnte ich mit dem Österreicher Günter Mader mithalten. Zu diesem Zeitpunkt lagen wir an Position 2 und 3.
Meine eingepackte Regenjacke schwamm eingepackt in der Tüte in der Box. Schnell hinein, Reißverschluss zu und los ging es mit Socken auf dem durchnässten Rasen, denn meine Radschuhe waren am Rad befestigt. Mit Radschuhen auf den Cleats über den aufgeweichten zu stampfen, schien mir keine geeignete Option zu sein. Nass ist eben nass!
In der ersten Radrunde ging es mir erst einmal um ein zur Erholung beitragendes Tempo. Nicht zu schnell angehen, war mein Gedanke. Allerdings kam meine Beinmuskulator auch auf den Runden nicht auf Betriebstemperatur. Drei solche Radrunden können sehr lang werden; für nicht wenige an diesem Tag viel zu lang unter diesen widrigen Bedingungen. Die hohe Ausfallquote spricht für sich selbst. Ein Youtube Video über 8 ½ Std. gibt die Geschehnisse für die Elite wieder.
Eine Regenjacke bietet letztendlich bei diesen Wassermassen einen bedingten Schutz. Man schwitzt unter dem Plastik und von oben wird es auch nicht besser, aber immerhin kommt der Wind bei den Abfahrten nicht ungehindert durch. Diese Radrunde, die sich bei trockenem Wetter mit passender Kleidung gut fahren lässt, wollte dieses Mal nicht enden. Endlich dann die zweite Runde und immer mal wieder ein Schluck aus der mit einem Gel/Wasser Gemisch befüllten ersten meiner zwei Flaschen. Nach dieser Runde sagte ich mir, dass nun unbedingt auch die Dritte zu schaffen sein müsste. Die besagten Gummihandschuhe hielten meine Finger so warm, dass ich schalten konnte, was vor 2 Jahren nicht mehr der Fall gewesen war.
Nachdem ich auch die Abfahrten zügig und unversehrt gemeistert hatte, war ich überglücklich, die Wechselzone wieder erreicht zu haben. Dieses Mal ging es ruckzuck in die durchnässten Laufschuhe und raus auf die teilweise unbekannte Laufstrecke. Zu Beginn läuft man auf Asphalt, später dann auf befestigten Wegen mit einer doch recht gleichförmigen Oberfläche, danach auf Waldwegen und auch mal über eine Wiese. Bis auf Ersteres war alles durch; ein Pfützenlauf bzw. – wandern. Die zusätzlich Waldrunde anstelle der sonst flachen Altstadtrunde war bei diesen Bedingungen eine neue Erfahrung. Meine Beine und diejenigen vieler anderer Athleten verlangten nach Wandern an den Anstiegen, um diese drei Runden noch zum Abschluss zu überstehen.
Meine Ehefrau hatte sich beim Durchlaufen der Arena nach der zweiten Runde auf der Tribüne in der Arena wieder eingefunden. In der Schlussrunde konnte ich mich dann um so mehr auf den Zieleinlauf freuen. Günter Mader gewann erneut verdient den Weltmeistertitel mit ca. 8 Minuten Vorsprung. Ich konnte ihn nach jeder Runde sehen, wusste aber, dass bei einem normalen Verlauf kein Herankommen mehr möglich war. Mit Cola auf der Schlussrunde und ersten Anzeichen von Wadenkrämpfen auf den letzten Kilometern fand mein Rennen im Rennen mit dem 2ten Platz einen sehr erfolgreichen Abschluss. Im Zelt warteten dann fleißige Helfer mit Goldfolie und warmen Tee. Jetzt musste ich mich doch erst einmal hinsetzen!
Ach ja, der nach dem ersten Wechsel führende Niederländer hatte in der 2ten Radrunde aufgegeben. Wir kannten uns noch von 2019 als er Dritter wurde und beim 2ten Wechsel ähnliche Schwierigkeiten wie ich hatte. Er gratulierte mir zum Durchhalten und dem 2ten Platz.
Auf der Webseite von www.powerman.org wird der Silbermedailiengewinner Jens Michael Gossauer mit folgenden Worten zitiert: “That was my hardest day in in my life, I fought extremely.“
Jep, so kann man es dann auch kurz zusammenfassen.
2022 möchte ich wieder teilnehmen. Der Powerman Zofingen gehört zur Powerman World Series. Mit der hier erzielten Punktzahl führe ich die Rangliste in der AK 60 weiterhin an.
Stephan Claudius