Ironman in Zürich

2012 war ich ja schon einmal beim Ironman in Zürich und ich hatte mir geschworen, diese Stadt nie wieder zu betreten. So furchtbar waren die Erinnerungen 
an das Rennen. Wetter, Leute, Essen. Zürich präsentierte sich damals von seiner düstersten Seite und als ich nach dem missglückten Ironman Lanzarote 
verkündete nun in Zürich zu starten machte sich auch bei meinen Begleitern Entsetzen breit. Zürich? Muß es wirklich Zürich sein? Ja das musste sein, 
denn nach meinem Pech auf Lanzarote hatte ich mich entschieden, dass ich mir den verlorenen Hawaii Platz zurück holen wollte. 

Das schöne ist, ich hatte einen bei Zürich gut. Und es war ein bisschen, als würde man jemanden besuchen, der einen zwei Jahre vorher in einer 
Attacke von Jähzorn aus dem Haus geschmissen hat. Denn Zürich tat alles um mir zu gefallen. Und ich ließ mich im Sturm erobern.

Verträumte Gässchen, freundlichste Menschen, Traumwetter. Und dann diese Leute die jede Brücke nutzten um sich von überall ins Wasser zu stürzen. 
Ganz zu schweigen von dem super ausgebauten Netz der Radwege. Am Rennmorgen fuhr ich auf einem dieser wunderschönen Radwege um gemütlich zum Start 
zu rollen. Was ein Luxus. Da schlurften all die müden Gestalten mit ihren Plastikbeuteln auf dem Rücken. Und ich sauste auf meinem blauen Damenrad 
elegant an allen vorbei. Ob das wohl schon ein Vorgeschmack auf das Rennen war?

Njein. Zum Schwimmstart hatten sich die Veranstalter was richtig schlaues ausgedacht, nämlich dass sich die Athleten selbst in zwei Gruppen einteilen 
sollten. Eine schneller als 1:10 und eine langsamer. Jeder der sich mit Ironman-Athleten auskennt weiß: das klappt nie. So stürzten sich praktisch 
alle Starter mit der 1:10 Gruppe ins Wasser. Und, ok, ja ich auch. Immerhin bin ich ja auch schon einmal eine 1:10 geschwommen. Aber ich wollte 
einfach den Sog der schnellen Schwimmer nicht missen und muß sagen, die erste Runde war wirklich Turbo. 
Ich hatte einen wachen Kopf und schwamm wie Schweinchen schlau. Viele Rhythmuswechsel, immer an die richtigen Füsse und eine gute Orientierung. 
Mit 1:16 war ich auf dem langsamen Züricher Schwimmkurs für meine Verhältnisse wirklich gut dabei. 

Dann hurtig aufs Rad und ab die Post. Meine Erfahrungen aus Lanzarote noch frisch im Kopf war ich die Geduld in Person. Ich erkannte mich nicht wieder, 
ein Ausbund an Gelassenheit. Vor, hinter und über mir die Pulks voller Lutscher. Typen die mich wieder und wieder überholten um dann sofort vor mir 
zusammenzubrechen. War mir alles egal. Eins um andere Mal überholte ich wieder, setzte mich gelassen nach vorn oder ruhte mich auch mal am Ende des Pulks aus. 
Der Tag ist noch sehr lang und ich war mir sicher, dass die Lutscher ihr Fett schon wegbekommen würden. Der Radkurs in Zürich ist wie der Laufkurs 
ein Potpourri aus allem. Für den Kopf nicht einfach, denn es ist von allem etwas zuviel. Zwei Runden, davon erstmal 30km flach mit viel Wind, dann hügelig, 
viele Abfahren bei schlechtem Asphalt, einmal 10km Steigung mit 10%, dann eine unendlich lange Steigung mit nicht sichtbaren aber spürbaren Prozenten, 
dazu viele Wohngebiete, Kreisverkehre, scharfe Kurven. Kleine Rampen zwischendrin und dann einmal drei Kilometer den 14% Kilchberg hoch. 
Da gab es dann Gänsehaut bei Tour-de-France Feeling. Mit auf den Helm hauen....;-) Da wäre ich doch fast vor Schreck vom Rad gesprungen. 
Bin ich aber nicht. Zweiter Törn. Wieder erstmal 30km Rudel. Hier hatte ich mich nicht mehr ganz so gut im Griff und musste ein wenig Polizei spielen 
und demonstrieren dass ich viel schneller bin als alle zusammen. Das hat etwas Körner gekostet aber die waren zum Glück noch im Köcher. 
Erst die letzten 20km waren dann etwas zäh, aber da darf es ja dann auch sein. 

Und wie immer kommt zum Schluß das Laufen. Und wie das manchmal so ist, warum weiß keiner, verabschiedeten sich meine Beine mit dem ersten Schritt. 
Sprachen "Uns reichts, mach doch mal alleine weiter, wir sehen uns dann auf der Massagebank!". Und weg waren sie. Mit den verbliebenen schmerzenden 
Laufwärzchen schleppte ich mich in die erste Runde. Da ich ja nun meinen vernünftigen Tag hatte versuchte ich das Tempo zu drosseln in der Hoffnung, 
dass ich meine Beine zurücklocken könnte. Täuschte mit 5:45 eine gewisse (nicht vorhandene) Lockerheit vor. Kein Stress, alles gut. Aber die Beine 
blieben wo immer sie auch warn und bei km 20 drohten auch die Laufwarzen ihren Abschied an. Wobei man sagen muß, dass der Laufkurs in Zürich auch 
ein echter Test ist. Noch zerfaserter als die Radstrecke könnte die Strecke auch als Laufschuh Teststrecke herhalten, denn es gibt nichts an Profil 
und Belag, das es dort nicht gibt. Hoch und runter, links und rechts, durch einen Park, über eine Brücke, unter eine Unterführung. Schlechter Asphalt, 
guter Asphalt, Kies, Steine, Bordstein. Da fehlt einfach nichts. Für Kopfkünstler mag die Strecke gut zu unterteilen sein (vier Runden á 10 km, 
pro Runde dann 44 unterschiedliche Abschnitte), aber für meinen Kopf ist ein solch zersplitterter Krug eher so die Kategorie F-Promi. Da ich wusste, 
dass ich in der Gesamtwertung aussichtslos zurücklag und mir so auch wenig Hoffnungen auf die Hawaii Quali machte schlich sich der Schlendrian ein. 
So begann ich mich an den Verpflegungsstellen zu vergnügen und ließ es mir dort im Spaziertempo gut gehen. 
Warum soll man sich quälen wenn man auch gehen kann? So schaffte ich eine weitere, die vorletzte Runde. 
Dann hatte die Gemütlichkeit ein apruptes Ende, denn ich bekam die ersten Zwischenergebnisse und die sagten: Du bist auf Hawaii Kurs, aber Du hast 
eine Verfolgerin und die hat auf den letzten 10km vier Minuten aufgeholt und liegt jetzt 3 min hinter Dir. Das passte mir wenig in den Hort der 
Gemütlichkeit, aber schaltete in Blitzgeschwindigkeit den Sportlermodus wieder an. Und ab ging die Post. 
Ohne Beine, mit schwindeligem Kopf preschte ich durch die 44 Elemente der letzten Rund. Das Gehen an den Verpflegungsstationen konnte ich mir 
nicht verkneifen, aber ansonsten brachte ich es tatsächlich auf eine 5:10er Lauftempo. Und das auf widerwilligen Laufwarzen, mehr tot als lebendig. 
Der Vorteil war dass das Ziel damit rapide näher  kam und ehe ich mich versah war ich auch schon angekommen. Ich bin ja nicht so der Zieljubler, 
aber dieser Jubel hatte sich gewaschen! Phantastico! Wenn ich nicht zu geizig wäre um mir die Photos zu kaufen würde ich es Euch zeigen. 
An dieser Zufriedenheit konnte es auch nichts ändern, dass sich dann herausstellte, dass ich doch nicht den zweiten sondern den dritten Platz 
meiner AK geholt hatte und damit knapp an Hawaii vorbeigeschrammt war. Ganz besonders weil ich diesen Platz am nächsten Tag über das 
Nachrückverfahren doch noch eroberte.

Und damit ist es geschafft. Nach sechs Jahren vergeblicher Versuche, geprägt von Verletzungs- und Unfallpech einfach geschafft. 
Mit einem Rennen, mit dem man wahrhaftig nicht angeben kann. Aber das einfach mal das Quentchen Glück für mich bereit hielt das es braucht. 
Und das anschaulich demonstrierte: gib nie auf egal was die anderen machen! Trotzdem verspreche ich, auf Hawaii rock ich den Fels! 
Meine Beine haben es mir versprochen!

Ansonsten kurz die Fakten:
1:16 Swim, 5:21 Rad und 4:08 Run gibt 10:53 gesamt. 
pirate14Zuerich
Aloah!!!