Ironman Lanzarote

Moin Piraten,

gefühlte Jahre sind vergangen, seit ich mich vorgestellt und versprochen habe, Euch eine spannende Sportgeschichte zu erzählen. Wie hätte ich damals wissen können, dass Sie sooooo spannend werden würde. Es ist ja meistens so, die Geschichten mit dem Happy End, die schreibt und erzählt man gerne und da geht es auch recht zackig, denn so kann man gemeinsam mit dem geneigten Leser das wunderbare Ende vervielfachen. Ganz anders mit den Dramen. Die erlebt man einmal und möchte sie ganz schnell vergessen, während nicht nur der Bunte-Leser das Drama besonders schätzt. Diesen wohligen Schauer der einen überläuft, wenn man sich in der Sicherheit wiegt diesen Scheiss nicht erlebt zu haben. Drum mach ich es kurz.
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Ironman Lanzarote, Mai 2014. Zwei wohlige Runden gemeinsam mit der Menschenmenge im Meer. Da ich keine Uhr beim Schwimmen dabei hatte ein kleiner Schock auf dem Rad, denn da ich (im WK Adrenalin) schlecht gerechnet hatte, dachte ich, dass ich langsamer als 1:20 geschwommen sei.

Das führte zum ersten Anfängerfehler des Tages: ich dachte dass damit der Streckenrekord nicht mehr erreichbar wäre und schenkte innerlich ein Stück des Rennens weg. Wie blöd muß man eigentlich sein….

—und leitete auch fix über zum zweiten Anfängerfehler des Tages: Um mich herum Pulks von Männern die in Gruppen herumrollten und schwatzten. Eine Flamme der Wut und des Trotzes überkam mich. Und ich kauerte mich auf mein Maschinchen und alle Teufel in mir brüllten: „Mach sie fertig!“. Und dann raste ich als gäbe es kein Morgen. Ich flog über die Strecke und ließ einen Pulk nach dem anderen hinter mir liegen. So als wären das alles Ameisen und ich der einzige Wunderfalke. Ich wusste dass ich mich an der Grenze bewege, dachte aber, dass mir der liebe Gott doch wohl mal diese schmalen vierzig Kilometer im Flug gönnen wird. Tat er aber nicht. Denn nach vierzig Kilometern machten sich leichte Zerfallserscheinungen in den Beinen bemerkbar und ich musste das Tempo drosseln. Leider zu spät. Denn nun ging es schlagartig in den Keller und ich konnte nur noch hilflos zusehen. Pünktlich zum Bimmeln dieses Totenglöckchens machte auch mein Magen zu. Mühsam hielt ich meine Position bis Kilometer 90. Dort begannen die Berge und damit der Moment in dem die Pulks an mir vorbeizogen. Einer zwei drei ich konnte sie nicht zählen. Die Berge wurden steiler und ich hätte am liebsten geschoben oder mein Rad den blöden Pulks hinterhergeschmissen. Bei km 120 kamen dann auch die ersten Frauen. Eine, zwei, drei. Ich weiß nicht genau wie viele, aber jedenfalls zu viele. Kurz danach endlich der Mirador Del Rio und damit der Startschuss für Abfahrt und lange Geraden. Irgendwo da habe ich mich zum Glück wieder eingefangen. Mein Wunder Rettungsriegel und etwas Cola wirkten. Bei km 145 fing ich wieder an zu überholen. Eine Frau, dann die zweite. Ich war zurück, das Leben war schön! Kopf runter und los! Und nun?

Ja genau, Anfängerfehler Nummer drei: Gucken vergessen. Denn steuern muß man immer noch alleine. Ich hatte also übereifrig den Kopf zu tief gehalten und plötzlich war da dieses Hinterrad und dieses Hinterrad hatte den Schnellspanner nach hinten gerichtet und bot den willkommenen Parkplatz für mein Vorderrad. Und hat dieses mal eben in zwei Teile zerhackt. Schickes neues Vorderrad, ZIPP 303. Ganz neu, nur für Lanzarote und Hawaii. Da lag es am Boden. Und ich auch. Mein freundlicher Unfallpartner schob seinen Schnellspanner zu recht, winkte und fuhr weiter. Und ich sass blutend am Strassenrand, guckte in die Luft und beweinte die Splitter meines Vorderrades.

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Na ja, ein neues Vorderrad kam nach einer Stunde. Aber da Hawaii außer Reichweite war entschloss ich mich meine Körner für den zweiten Versuch zu sparen. Und fuhr noch gemächlich in die Wechselzone und ließ mich dort massieren. Später erfuhr ich, dass ich zum Zeitpunkt des Unfalls meine Altersklasse mit fünf Minuten Vorsprung anführte. Ohne Unfall hätte ein 4:20 Marathon für Hawaii gereicht. Und was lernen wir mal wieder? Ein Ironman ist der längste Tag des Jahres und hat viel zu bieten. Und in der Ruhe liegt die Kraft. Wobei die ersten 40 Radkilometer schon auch ziemlich schön waren…..;-)

 

Ja das war meine Geschichte von Lanzarote. Nächstes Jahr fahre ich wieder hin. Und davor sehen wir uns in Zürich. Noch eine Woche….