Rad am Ring 2015 oder durch die „grüne Hölle“

Rad am Ring 2015

Durch die „grüne Hölle“

Wieder einmal folgte ich dem Lockruf Rad am Ring, das Radsport-Festival am Nürburgring. Dieses Jahr wollte ich aber einen drauf setzen, und als Einzelstarter meine 24 Stunden fahren. Mit einem Vortraining durch das Race-24 in Kelheim, fühlte ich mich der Sache gewachsen, und hatte ein mehr als gutes Gefühl, die vierundzwanzig Stunden auch durch zu halten.

Mit etwas Vorlauf hatte ich auch zwei willige Mitreisende gefunden, die mich in dieser Zeit mit Verpflegung und was sonst immer ansteht, versorgen wollten. Letztendlich blieb nur eine übrig. Aber das wird schon klappen, dachte ich mir und so wir freuten wir uns auf´s Heizen auf der Rennstrecke. Soweit so gut.

Bei schönstem Sommerwetter und fast erreichten 30° Grad ging es, nach einiger Verzögerung wegen der Schuhe (Aber das ist eine andere Geschichte) ab auf die Autobahn. Der Verkehr war gut und es ging zügig voran, bis dann ein Stau an der Zufahrt zum Ring alles ausbremste. Aber mir wurde gesagt, es sei normal, kein Grund zur Beunruhigung. Nach einigen Schwierigkeiten, die Parzelle zu finden, stand dann auch in relativ kurzer Zeit unser Lager. (Hier sei erwähnt, dass der Fahnenmast als nächstes auf meiner Liste steht!) Aber Kabelbinder sind in jeder Lage eine Hilfe J

Und wie sich das am Ring gehört, wurde selbstverständlich der Grill am Abend angezündet, ein paar Steaks verdrückt und das Feeling der Rennstrecke genossen. Das sollte aber, wen wundert es, in der Eifel nur von kurzer Dauer sein. Gegen halb elf wurde der Himmel schwarz und unser Zeltaufbau drohte abzuheben. Windstärken von ungeahntem Ausmaß und ein heftiger Regenguss zwangen uns dazu, alles, was nicht windfest ist, abzubauen und zu verstauen. Die unruhige Nacht endete dann in unserem Transporter. Immerhin blieben wir so trocken.

Aufgrund von Unwetterwarnungen für den Nachmittag und Sturmböen von 80-90 km/h musste der Start zum legendären 24h-Rennen dann jedoch erst von 13:15 Uhr auf 16:00 Uhr, dann auf 20:00 Uhr verschoben werden. Die Jedermann-Rennen über 25 km, 75 km und 150 km fielen sogar den Wetter-Verhältnissen ganz zum Opfer. Meiner Betreuerin Jenny gefiel das gar nicht, da sie sich doch für das 75 km Rennen angemeldet hatte und ihr erstes Rennen mit ihrem neuen Renner fahren wollte…
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Die Nacht war dagegen sternenklar und auf der hohen Acht hatte es nur noch vier Grad in der Nacht. An Hand- und Überschuhe denkt man im Juli natürlich nicht, also war bitteres frieren, kalte Finger und taube Füße angesagt. Aber weil Aufgeben noch nie eine Option war und ein bisschen Schmerz einfach dazu gehört, stellte ich mich mit meinem Rad in eine überaus entspannte Startaufstellung. Nach dem Startschuss lief es gut an und ich machte mich daran, meine Runden zu drehen.
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Nach überraschend guten acht Runden, zwang mich die Lust auf Kaffee und Frühstück dann doch zu einer Pause. Obwohl ich auf der hohen Acht jede Verpflegung mitgenommen habe, konnte diese Stelle es doch nicht mit einem warmen Bus, einer Tasse Kaffee und einem verschlafenen Gesichtsausdruck von Jenny aufnehmen, als ich mitten in der Nacht unseren Bus betrat und sofort mit der Frage: „brauchst du was? Geht’s dir gut“ begrüßt wurde. Nach einer halben Stunde aufwärmen und Frühstück im Bauch, musste ich dann doch wieder raus in die morgendliche Kälte. Rundenschluss war um 12:44 Uhr und das wollte ich unbedingt schaffen! Am Morgen ging die Sonne pünktlich über dem Nürburgring auf und strahlte bis zu den Siegerehrungen.
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Ich fuhr meine vorletzte Runde kurz vor der Schlussfahne um ca. 12:35, konnte somit noch eine ganze Runde dazu fahren. Jetzt war es entspannter, bis ich feststellte, dass der Akku von der Garmin Uhr leer wurde. EIN DESASTER in der letzten Runde. Als ich zum Bus zurückkehrte, sah ich, dass Jenny selbst mit dem Rad unterwegs ist, da sie sich entschlossen hatte ein paar Runden auf eigene Faust auf der Strecke zurückzulegen. Somit war der Bus verschlossen, HILFE!!!
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Also Ruhe bewahren. Was tun?! Das Seitenfenster war offen, ich also rein mit einem Fuß . Hoffentlich sieht das keiner….war ja klar, dass das nicht passt…
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Ich kann meine Tasche sehen, das Ladekabel erreichen, es gibt doch einen Gott!! Strom, woher nehmen?? Ich ziehe einen Stecker aus der Verteilerbox, Ladekabel dran, Uhr anklemmen, läuft!! 15 Prozent würden schon reichen…. Esse einen Riegel und trinke was… die Holländer von nebenan fragten gleich, ob alles in Ordnung ist. HAHA, wie nett J weiter geht´s! Fahre meine vierzehnte Runde. Nur fahren, das Hirn setzt aus… das tun, warum du hier bist, nix anderes!!
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Auf der letzten Runde überhole ich nur noch Tourenfahrer, kann doch nicht sein, dass da keiner mehr unterwegs ist? Dann am Karussell treffe ich noch richtige Fahrer, bin doch nicht der letzte…

„An Tagen wie diesen“ brüllte es am Sonntagnachmittag aus den Lautsprechern, während über 5.000 abgekämpfte, aber glückliche Teilnehmer der 24h-Rennen teilweise Arm in Arm über den Zielstrich rollten. Auch abseits der Start und Zielgeraden lagen sich Menschen in den Armen und strahlten mit der Sonne um die Wette. 24 Stunden vorher war die Welt noch grau, trist und vor allem stürmisch. Organisationsleiter Hanns-Martin Fraas schwenkte mit leichten Augenrändern am Zielstrich die schwarz-weiß-karierte Flagge. Die letzten Folgen der Wetterkapriolen hielten ihn und sein rund 500 Helfer starkes Team bis tief in die Nacht in Atem.

Dass dem so ist, liegt sicherlich auch an der unvergleichlichen Atmosphäre, die über diesem Event liegt. Mit so vielen Gleichgesinnten auf dem sagenumwobenen Nürburgring mit dem Fahrrad zu fahren und immer wieder ein Erlebnis.

Ich will auf jeden Fall meiner Mitstreiterin Jenny danken, deren erstes Rennen, die 75 Kilometer, ersatzlos gestrichen wurde. Die sich ganz toll um mich gekümmert hat, nur in der Parzelle rumsaß, immer alles bereit gelegt hat, so dass ich mich voll und ganz aufs Fahren konzentrieren konnte!

Am Schluss endete alles mit einem 51. Gesamtplatz, AK Master II Platz 17, 14 Runden Nordschleife, ca. 365 Kilometer und 8000 Höhenmeter, nicht perfekt, aber eine persönliche Bestleistung!!
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Wie immer viele Grüße aus dem Süden der Republik,

Thomas Werthmann aus Fürth!