Rennbericht Albstadt MTB Marathon

Der Mountainbike Marathon in Albstadt ist der älteste in Deutschland – und mit rund 2.200 Startern schon von den Dimensionen her einmalig. Alle Starter fahren nicht auf verschiedenen Distanzen, sondern einheitlich über den 80 KM langen und mit 2.000 Höhenmetern anspruchsvollen Kurs. Um da mal reinschnuppern zu können reisten wir schon am Freitag mit dem Pirate-Bus an und rollten uns auf den ersten 20 Kilometern ein. Jens und Nils Koß sind schon seit fast 10 Jahren in Albstadt am Start. Für mich war es das erste mal. Dank Trainer Jens war ich aber gut vorbereitet. Er hat mir genau gesagt welche Trainingseinheiten ich für Albstadt brauche, gab mir viel Techniktraining und Tipps wo ich später im Rennen punkten kann, was die typischen Fehler sind und wie es mit der Verpflegung klappt. 
Beim Einrollen wurde klar: Der Kurs ist viel Waldautobahn und stellt uns, die wir Cross-Rennen und anspruchsvolle Trails vom Harzer MTB-Cup gewohnt sind, technisch nur im Ansatz auf die Probe. Albstadt zu unterschätzen wäre aber fatal, denn 2000 Höhenmeter wollen erstmal erklettert werden ohne dass der Hammermann Hallo sagt. Und wenn es der Kurs erlaubt, kann man ja nach dem Motto „es wird nicht leichter, nur schneller“ entsprechend am Gashahn drehen. Für mich galt es beim ersten mal vor allem gut durch und ins Ziel zu kommen. Mir machte mein rechtes Knie etwas Sorgen, das seit dem letzten Rennen im Harz bei hoher Belastung etwas zwickte. Würde es im Rennen „halten“?
Am Renntag schob ich solche Gedanken einfach weg. Mit Tobi fuhr ich mich warm, der einen Startblock vor mir auf die Reise ging. 
 
Es war schonmal unglaublich mit so einer Masse MTB-Fahrern am Start zu stehen und ich ließ mich von der Atmosphäre schnell anstecken. Nach einer halben Stunde war mein Startblock, fast ganz hinten, dran. Ich stand in der ersten Reihe und stellte fest dass die anderen in meinem Block eher gemütlich starteten – also bog ich als zweiter um die ersten Kurven auf den Kurs. Das änderte sich schnell, denn es geht in Albstadt gleich mal satt hoch. Und wenn die Biker aus dem Süden was können, dann ist es Berge zügig hoch treten. Was viele aber vergessen, ist dass man auch Berge runter treten kann statt zu rollen. Gut für mich, denn so konnte ich das ganze Rennen durch eigentlich immer bergab oder in der Ebene massig Leute überholen. 

Nicht nur das Wetter war bestens, sondern auch meine Tagesform. Irgendwie lief alles und ich sah an den Leuten um mich rum, dass ich mich immer weiter aus meinem Block zu dem davor arbeitete. Bei der „Schanze“, einer Skipiste auf der ein Stadionsprecher den Namen jedes Teilnehmers ansagt, der dann von Massen an Zuschauern hinter der Bande bejubelt wird, war ungefähr Halbzeit. Gänsehaut pur, wenn man in so ein „Stadion“ einfährt. Die matschige Wiese da hoch, war aber fieser als gedacht. Von Jens war ich auch vorgewarnt, dass man sich von der Leichtigkeit bis zu dem Streckenpunkt nicht täuschen lassen darf: Erst danach folgen die knackigen Höhenmeter. 
Die spürte ich auch bald: Giftige Anstiege, bei denen selbst kurbeln im leichtesten MTB-Gang richtig weh tut. Da die Anstiege nicht nur kurz, sondern oft endlos lang sind, steigt in meiner Liga fast alles ab. Ich selbst musste auch bei etwa dreien „Zwischenschieben“, bin aber stolz dass ich einige durchgefahren bin. 1-2 mal war ich fast der einzige der noch gefahren ist und wurde entsprechend von den Zuschauern mit Namen angefeuert (die stehen in Albstadt auf den Startnummern). Was mich besonders freute: Mein Knie spürte ich zwar etwas, aber es hielt und war kein Problem im Rennen. 
Dass ich das mal schreibe hätte ich nie gedacht: Immer wenn es technisch wurde, konnte ich glänzen. Die anderen Fahrer klickten oft aus, blockierten beim Bremsen, waren von Matsch total verunsichert oder fuhren unsicher durch Kurven. Dank Jens war ich auf alles top vorbereitet, konnte nicht nur sicher da durch, sondern sogar viel Boden gut machen und Kraft sparen. Zudem waren viele „gefährliche Abfahrten“ im Vergleich zu Strecken wie Biesenrode im Harz pure Erholung. 
Am Ende kamen noch ein paar richtig fiese Rampen. Zum Glück kannte ich einige Überraschungen schon, da Jens am Freitag mit mir ein paar Punkte abgefahren ist. Zudem haben wir die Verpflegung geplant, die dank Tanja und Steffi – (danke ans Team!) – super geklappt hat. Beim letzten fiesen, endlosen Anstieg (ein Streckenposten witzelte „Nur noch eine kleine Rampe dann bist du da“) hab ich fast gekrampft, aber ein Schluck aus der Pulle und ein Gel halfen. 
So konnte ich auf der finalen Abfahrt nochmal richtig angreifen und eine Gruppe mit bestimmt 10 Leuten überholen, mit Vollgas in die Altstadt von Albstadt durch die Kurven brettern und auf der Geraden sprinten. Darauf bin ich besonders stolz: Ich bin nicht mit letzter Kraft ins Ziel gekrochen, sondern hatte noch genug Körner übrig gelassen, um anzugreifen.

Die Zielgerade war mit Zuschauern und Sprecher ein unglaubliches Gefühl. Ich kam mit einer Zeit von 5:06:06 rein – Trainer Jens, dem ich das gute Rennen verdanke, meinte eine gute Zeit fürs Debüt. Die gilt es im nächsten Jahr zu knacken! Jens und Nils fuhren eine Hammerzeit vorne im Feld ein. Unsere Ergebnisse haben wir bei der standesgemäßen Party mit den anderen Startern abends im Zielbereich mit Band und Weizen gefeiert.

Rock and Roll
Euer Stefan „Flying Elvis“ von Gagern