Irgendwann, Sonntags zwischen 3 und 4 Uhr klingelte der Wecker. Ich dachte „Man muss schon ganz besonders bescheuert sein, um am Wochenende um die Zeit aufzustehen…“, war aber froh überhaupt geschlafen zu haben. Schließlich stand am Vorabend auch noch ein Live-Gig mit Band auf Ron´s Party an, was bei mir erfahrungsgemäß zu elektrisierter Stimmung führt. Dazu noch die Aufregung vor einem Rennen. Aber vielleicht war die Anstrengung vom Musik machen auch gut, denn ein paar Stunden hatte ich die Augen zu. Also los zu Nils, der bei diesem Rennen mit mir das Team Pirate stellte und ab in den äußersten Winkel des Harz – noch etwas weiter als zum vorherigen Rennen in Clausthal-Zellerfeld.
Um 9:30 standen wir pünktlich im Starterfeld. Für mich ging es zum ersten mal auf die 60 KM Marathon-Distanz. Eine deutliche Steigerung zu vor einigen Wochen, wo ich es bei einer Runde mit 35 KM beließ. Aber ich wusste schon mal wie sich ein MTB-Rennen anfühlte und genau darum ging es auch heute: Erfahrung sammeln, ausprobieren und natürlich auch stärker werden.
Gleich nach dem Start war klar: Der Kurs in Biesenrode ist ein ganz ganz hartes Brett. Nicht nur dass es nach einigen Metern gleich scharf rechts und dann scheinbar endlos und steil nach oben ging. Das Geklettere fand auch noch auf grasbewachsenen Wiesen mit reichlich Mulden und fiesen Unebenheiten statt. Jeder Meter zog gnadenlos die Körner aus den Beinen. Schon beim zweiten Anstieg stiegen die ersten vor mir ab. So konnte ich ein paar weitere Plätze gutmachen.
Leider gings auf ähnlichen Unebenheiten auch wieder runter – ein Traum mit dem Hardtail MTB. Und ich lernte auch schon die ständigen Begleiter auf der Strecke kennen: Die Warnschilder, die Gefälle von 20-30% ankündigten. Bei der dritten Rumpelwiesen-Abfahrt warf mein Umwerfer – der an diesem Tag leider eher ein Abwerfer war – gleich zum ersten mal die Kette ab. Das kostete mich wieder die gewonnenen Plätze und ich musste sie zurückholen. Dann wieder Kettenabwurf. Dieses Spiel wiederholte sich in der ersten Runde dann 3-4 mal.
Die Abfahrten auf Waldboden waren nicht minder anspruchsvoll. Single Trails mit irrer Geschwindigkeit und einigen Überraschungen wie Spitzkehren, Sandmulden und Drops sorgten dafür, dass auf diesem Kurs eigentlich immer reichlich was los war. Insgesamt gab es in meinen zwei Runden 1600 Höhenmeter – also wurde das Climber-Herz mehr als beglückt. Zum Ende jeder Runde dann noch die berühmte-Bachdurchfahrt als Schmankerl – wie der Bayer sagt.
In Runde 2 war mir mein Um/Abwerfer mir gnädiger gestimmt: Nach einem herzhaften Tritt erledigte er seinen Job wie er soll. Dass einige Teilnehmer nach Runde 1 die Segel strichen kann man ihnen nicht verdenken. Zwar ging bei mir irgendwie alles besser im zweiten Durchlauf, aber Kraft frisst dieser Kurs zum Frühstück.
Irgendwann – nach noch einem und noch einem endlosen Climb und einer weiteren Abfahrt mit dem Sattel unterm Kinn – war ich dann zur zweiten Erfrischung durch den Bach und im Ziel. Dort wartete Nils, der einen starken Platz in den Top 10 gemacht hatte. Ich war happy, dass ich diesen technisch wie konditionell knallharten Kurs und die Distanz gut gemeistert habe. Ich habe als Sahnehäubchen einige hinter mir gelassen und freue mich schon aufs nächste Rennen und nächstes Jahr. Mich hat das MTB-Marathon-Fieber endgültig gepackt!
Stefan von Gagern
Stefan von Gagern