Wie ich zur „Piratin“ wurde, oder mein Weg von 10 auf 100 km

Bis Februar 2017 war ich Joggerin, lief mit ordentlichem Tempo bis zu 7 km (meine Lieblingsrunde) und fand 10 km ziemlich anspruchsvoll. Alles was über 10 km hinaus ging klang utopisch und den flotten Spruch meines Kollegen „ein Halber geht immer“ fand ich witzig, aber bekloppt.

21 km Laufen! Das geht gar nicht!! 42,195 km (diese Zahl konnte ich mir nie merken J) ging noch viel weniger in meinen Kopf und alles was darüber hinaus geht ist mörderisch und etwas für die ganz Bekloppten.

Heute weiß ich, ich darf mich in die Reihe der Bekloppten stellen! Wie es dazu kam? Naja, ich bin einem Piraten begegnet 😉

Aufgefallen ist mir zuerst mal eine recht seltsame Type, Selfie da, Selfie dort, und außerdem einer der wohl ziemlich viel zu berichten hatte. „Erst mal beobachten“ dachte ich und schauen was kommt, denn wir hatten ein gemeinsames Ziel: ein Laufcamp in Andalusien!! Dort angekommen starteten wir unseren ersten gemeinsamen Lauf und kamen ziemlich schnell ins Gespräch. Ich fand das Shirt ziemlich cool, schwarz mit Totenkopf, genau mein Ding! Was denn das Shirt bedeute, wollte ich wissen und erfuhr sodann, dass es sie tatsächlich gibt, die Piraten!!

Lange Rede kurzer Sinn, mein Läuferschicksal hat mich direkt in die Hände des Laufpiraten Robert gespielt. Für ihn ist Laufen Leidenschaft und eine Lebenseinstellung. Laufen passiert zu 20% mit den Beinen und 80% mit dem Kopf. Schon während des Camps hat er es tatsächlich geschafft mit diesem Virus zu infizieren. Und was soll ich sagen? Kaum wieder zu Hause meldete ich meinen ersten Halbmarathon. Mit ein paar guten Tipps von Robert und vielen gemütlichen gemeinsamen Laufeinheiten brachte ich diesen dann auch mit einem für mich unerwartet tollen Ergebnis unter 2 Stunden ins Ziel.

Jetzt hatte ich Blut geleckt und ohne weiter darüber nach zu denken sagte ich zu, mit Robert meinen ersten Marathon zu laufen. Mit viel Spaß und Geduld bei vielen langen Läufen bereiteten wir uns auf mein Ziel im Oktober 2017  in Bremen vor. Mein erster Marathon konnte kommen!!

6 Uhr… ziemlich zerknittert und immer noch todmüde sitze ich mit meinem persönlichen Laufpiraten Robert am Frühstückstisch… Kaffee hilft und Honigbrötchen auch… dann rein in die Klamotten… kurz entschlossen habe ich entschieden als Piratin zu laufen, im Partnerlook mit meinem Pacemaker… noch ziemlich fröstelnd ging es dann bei schönstem Laufwetter um 9:30 Uhr an den Start… kaum im Startblock werden wir erkannt: Piraten in Bremen… ja, Frau fällt auf als Piratenbraut… der Countdown läuft und schon wird scharf geschossen… der Läufertross setzt sich in Bewegung… 500m Kopfsteinpflaster und eine kleine Unebenheit bringen Miss Sightseeing zu Boden… Knie und Hüfte sind aufgeschlagen, aber eine Piratin kennt keinen Schmerz… solange nix stark blutet oder komisch absteht geht’s weiter! An der Weser entlang durch die schönen Viertel Bremens führt die sehr schöne Strecke, tolle Zuschauer und immer wieder ein „schaut mal, Piraten!“ wenn wir vorbei liefen… was für eine tolle Stimmung! Bis Kilometer 38 lief es perfekt, mangels Zucker- und Koffein haltiger Getränke müssen die Kräfte gut eingeteilt werden, aber es reicht trotzdem für eine tolle 4:13 h! Der Pirat Robert hat mich ohne größeren Verluste sicher in den Zielhafen gebracht… die Piraten haben Bremen gerockt!

Jetzt sitze ich hier und lese meinen Posteingang im E-Mail Postfach: „ Vielen Dank für Ihre Registrierung beim Saarschleifenultratrail mit 62 km“. Zwar noch nicht ganz 100 km, aber die Zeit wird es bringen. Ich freue mich schon darauf die Strecke Ende Oktober als „Gastpiratin“ mit Robert an meiner Seite zu rocken.

Vielen Dank an dich Robert und auch an die liebe Simone fürs „Ausleihen“ J
Sandy